Rauchmühle als kreativer Hotspot
Seit 2011 steht die Rauchmühle in Lehen leer. Das hat sich vergangenes Wochenende geändert, denn am Freitag, 26. und Samstag, 27. Mai wurden die alten Hallen mit Wissen gefüllt. An zwei Tagen wurde dort gelesen, gemalt, diskutiert, musiziert, gebastelt, programmiert, geflogen, gedruckt, gespielt und vieles mehr. Zusammen mit der Fachhochschule Salzburg, dem Sparkling Science Projekt „BIOKoSMoS“ (betreut vom Gymnasium Ort Gmunden), mosaik, Literaturhaus Salzburg und Interlab Festival gab es ein Programm für alle Geschmäcker.
Das Team der FH Salzburg gab einen Einblick in die „Faszination Technik“. Gemeinsam mit den Profis wurden kleine Autos programmiert, die selbständig einer Linie am Boden folgen oder Keksausstecher in Form von Österreich 3D gedruckt. Außerdem wurde gezeigt, wie ein Smart Home funktionieren kann und Erfindungen von kreativen Studierenden präsentiert, wie zum Beispiel eine intelligente Leselampe, die dem Buch folgt. Dank einfacher Programme lernten schon die kleinen BesucherInnen programmieren.
„Piloten der Virtual Reality“ sind mit ihren Drohnen und Quadrocoptern gekommen und nutzen die hohen Hallen der Rauchmühle als Fliegerparadies.
Ein fensterloser Raum stellte sich als idealer Ort für das kreative Atelier des BIOKoSMoS-Projekts heraus. Beleuchtet von UV-Lampen verwandelte sich der Raum in eine Zauberwelt zwischen Wissenschaft und Kunst. Auf einem großen Tisch konnte nach Herzenslust mit strahlend-leuchtenden Gentech-Farben gemalt werden. Inspiriert von den Quallen aus der Tiefsee wurde diese fluoreszierende Farbe gemeinsam mit SchülerInnen vom Gymnasium Ort Gmunden im Labor entwickelt.
Ein besonderes Erinnerungsfoto ermöglichte das Projekt Eyecatcher. Was aussah wie eine Untersuchung beim Optiker, stellte sich als faszinierender Einblick in das Auge heraus. Mit einem speziellen Mikroskop wurde das Auge 25 Mal vergrößert fotografiert. Dabei zeigt sich die Iris in all ihren Farben – wirklich beeindruckend!
Ebenso besonders waren die überdimensionalen Schmetterlinge und der Marienkäfer, die die Wände des großen Maschinenraums zierten. Dank Mikroskop wurde jedes einzelne Härchen sichtbar und die großen Bilder an den Wänden wurden zum idealen Blickfang. Umringt von diesen Insekten fanden dann auch die Programmpunkte rund um Literatur, Kultur und Musik statt.
Am Freitagabend folgten rund 150 Personen der Einladung zum Wissenspark. Der große Maschinenraum der Rauchmühle wurde zur Bühne für Literatur, Musik und Diskussion. Karl Zechenter, Johanna Wieser, Tristan Marquardt und Günther Friesinger diskutierten mit Josef Kirchner über Idealismus und Kulturprekariat. Auf Einladung des Literaturhauses Salzburg präsentierte der Historiker und ZEIT-Redakteur Volker Weiß sein vieldiskutiertes Buch „Die autoritäre Revolte“.
Das AutorInnen-Kollektiv „Nazis & Goldmund“ performte auf Einladung vom Interlab Festival Poesie gegen Rechts. Der Abend endete mit einem Konzert der jungen Salzburger KomponistInnen NAMES, das von Videokünstlerin Conny Zenk spektakulär in Szene gesetzt wurde.
Am Samstag lud das tanzbuero Salzburg zu einem Symposium über Modelle künstlerischer Forschung. Mariella Greil, Anita Kaya, Sonja Prlić, Arno Böhler und Lisa Hinterreithner verichteten von ihren Plattformen und Projekten. Auf Basis ihrer Berichte wurden aktuelle Modelle diskutiert und Zukunftsfragen erörtert.
Blick in ein Lehener Wahrzeichen
Obendrein nutzen viele SalzburgerInnen die Gelegenheit im Rahmen des Wissensmonats ein letztes Mal die Rauchmühle von innen zu besichtigen. Viele kennen die Rauchmühle schon ihr Leben lang oder fahren täglich daran vorbei. Der Wissensmonat machte es noch einmal möglich, die Mühle zu besuchen. Wegen der andauernden Bauarbeiten wurde der Eingang über den Radweg verlegt, so sind unsere Gäste direkt im Garten der schönen Ceconi-Villa angekommen.
Rückschau in die Mühlengeschichte
Eine Ausstellung im Eingangsbereich zeigte, die Geschichte der Mühle an diesem Standort. Bereits 1330 gab es den ersten nachgewiesenen Mühlbetrieb am Standort der heutigen Rauchmühle.
1804 kaufte Michael Fißlthaler die Aestmühle, führte allerdings keine wesentlichen baulichen oder technischen Änderungen durch. Erst mit der Übernahme durch Franz Fißlthaler 1845 wurde eine neue Ära eingeleitet und der Betrieb wesentlich modernisiert und erweitert. Josefa Düringer, die Tochter Franz Fißlthalers führte das Werk gemeinsam mit ihrem Mann Richard Düringer ab 1921 weiter. Auch sie investierten in einige Erneuerungen, allerdings hatten sie schwer zu kämpfen mit der schwierigen Wirtschaftslage der Nachkriegszeit. Die finanzielle Lage verschlechterte sich zusehends bis schließlich Konkurs angemeldet wurde.
1933 übernahm der Tiroler Unternehmer Leopold Rauch den Betrieb und führte ihn unter der Firmenbezeichnung „Leopold Rauch und Söhne“. Es folgten ständige Modernisierungen und Erweiterungen: Aufstockung des alten Silogebäudes, Bau eines Gefolgschaftshauses, Umbau, technische Erneuerungen, Neukonzeption von Mehlprodukten, neues Verpackungsdesign mit Typenbezeichnungen, Ausbau der Logistik, Beschluss der Zusammenarbeit mit Firmen wie Hipp oder Reicheis, … Kurz: Die Rauchmühle avancierte zu einem bedeutenden Großunternehmen.
2011 wurde der Mühlenbetrieb stillgelegt. Bedingt durch die fortgeschrittene technische Automatisierung der Produktion waren nur mehr 18 MitarbeiterInnen betroffen, die aufgrund ihrer guten Qualifikation problemlos neue Arbeitsplätze finden konnten. Die denkmalgeschätzte Ceconi-Villa, die „alte Mühle“ und der „alte Silo“ bleiben in ihrem Bestand erhalten und werden weiterhin an die Zeit der Mühle in Lehen erinnern. Ein neuer Geist mit Unternehmen und Organisationen aus Kunst, Kultur, Kreativwirtschaft und Bildung soll in die alten Mauern einziehen. Am frei bebaubaren Areal der ehemaligen Rauchmühle entstehen 222 Wohnungen, Eigentumswohnungen sowie geförderte Mietwohnungen.
Ein großes „Dankeschön“ an die Firma PRISMA, die uns die Nutzung der Rauchmühle ermöglicht hat.