„Ich brauche keine Science-Fiction“

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Seit Anfang September streift Bogdan Coșa durch Salzburg. Der H.C.-Artmann-Stipendiat aus Rumänien beobachtet die Stadt, die Menschen und die Natur. Jede Wahrnehmung fließt in seine Texte – egal ob jetzt oder später. Die Wissensstadt ist für ihn voll mit neuen Ideen.

„Die Stadt war tief verschneit und wir sind durch den kniehohen Schnee gestapft, um das Manuskript abzugeben“, erinnert sich Bogdan Coșa an den Tag, an dem sein Leben als Autor begann. Mit 21 Jahren reicht er seinen ersten Roman bei einem Wettbewerb ein.

Dass Bogdan Coșa den ersten Preis machte, braucht man nicht mehr erwähnen. Heute zählt er zu den begabtesten Jung-Autoren in Rumänien und hat mehrere Auszeichnungen erhalten. Dabei war das Schreiben keine große Sache für ihn. „Ich habe das Buch in zwei Wochen geschrieben. Ich war bei meiner Großmutter am Land und habe die Nächte durchgearbeitet“, erzählt er. Die Geschichte rund um seine Pokerfreunde war eigentlich ein Abschiedsgeschenk an eine Freundin in Brașov, die ihn ermutigte beim Wettbewerb mitzumachen. Kurz darauf verließ er seine Heimatstadt, um in Bukarest zu studieren.

Bei der Preisverleihung wird er interviewt. Völlig verblüfft und etwas überfordert mit dem Rummel um seine Person, antwortet der junge Autor dem Reporter, dass er einen zweiten Teil des Buches schreibt. Zuvor hatte er nicht weiter darüber nachgedacht, doch dann beschloss er dieses Versprechen zu halten – und mehr noch. Nach der Publikation von Poker 2011, folgte 2013 der zweite Teil Poker. Black Glass. Heuer vollendete er die dreiteilige Romanserie mit Ultraviolenta. „Mit meinen 28 Jahren habe ich schon eine Trilogie veröffentlicht. Das macht mich schon stolz“, grinst er verschmitzt.

Wenn Bogdan Coșa an einem Text arbeitet, so nimmt ihn das völlig ein. „Es ist schwer zu sagen, wie lange ich an einem Buch schreibe. Das Schreiben ist nicht die eigentliche Arbeit, aber man ist gedanklich den ganzen Tag bei der Geschichte. Auch wenn ich im Supermarkt bin, so denke ich darüber nach, wie ich die Charaktere entwickeln soll“, verrät Coșa, der sich intensiv mit seinen Werken auseinandersetzt. Besonders deutlich wird ihm das bei Lesungen. „Ich stelle immer wieder fest, dass ich gar nicht lesen muss, ich kenne jeden Absatz auswendig.“

Aus dem Leben gegriffen

Dass er einmal Schriftsteller wird, war nicht geplant. Gelesen hat er schon immer gerne, aber erst an der Universität haben ihn seine Kolleg*innen dazu ermutigt, selbst zu schreiben und lobten ihn für seine Werke. Als Autor bekommt Bogdan Coșa die Anerkennung, die er in seiner Familie seit jeher vermisst. Sein Vater liest seine Bücher bis heute nicht. Seine Mutter hingegen rühren sie zu Tränen. Auch in seinem aktuellen Projekt verarbeitet er familiäre Schicksalsschläge und alltägliche Herausforderungen. Generell rät er Autor*innen sich an der Realität zu orientieren. „Das wirkliche Leben hält so viele Geschichten für uns bereit, ich brauche keine Science-Fiction“, ist er überzeugt.

Schauplatz Salzburg

Der Aufenthalt in der Wissensstadt ist bereits Coșas sechste Residency. Hier viel zu arbeiten fällt ihm nicht allzu leicht. Zu schön ist das Wetter, die Landschaft, die Altstadt, doch er steht morgens früh auf, um zu schreiben. Salzburg führt ihn zurück zu seiner ersten Residency 2014 in Wiesbaden. Dort hat er eine sehr düstere Geschichte geschrieben über einen Alkoholkranken und seine Familie. Die ersten beiden Kapiteln hat er hier wieder aufgegriffen und entwickelt daraus eine Novelle.
Auch seine Wurzeln hat er in Salzburg wiederentdeckt. Jeden Abend sitzt er in Leopoldskron und sieht sich den Sonnenuntergang an. Der Blick auf die Berge erinnert ihn an den Ort, wo seine Großmutter lebt und er als Kind die Ferien verbrachte. Es sind die kleinen Dinge in seiner Umgebung, die ihm auffallen und die die Leser*innen in seinen Geschichten wiederfinden. Noch bis 2. November wandert der ruhige Autor durch die Straßen Salzburgs, dann geht es für ihn weiter nach Stuttgart, wo er hoffentlich seine Novelle beenden wird.

 

Bogdan Coșa (c) Wissensstadt Salzburg/Kraxberger

Zur Person

Bogdan Coșa wurde 1989 in Brașov geboren, wo er auch Romanische und Englische Literatur an der Transilvania Universität studierte. Er wechselte nach Bukarest, um einen Master für Literaturtheorie und Vergleichende Studien zu machen, wo er noch heute lebt und arbeitet. Mit seiner Romantrilogie ist ihm der Durchbruch gelungen. Teile seiner Werke wurden in sechs Sprachen übersetzt. 2014 erhielt er die Auszeichnung „The Young Romanian Novelist of the Year“. Das Zugfahren ist für ihn die schönste Art zu reisen. Seine Fahrt nach Salzburg dauerte mehr als 20 Stunden. Dadurch bekommt er ein Gespür für die Distanzen und einen Einblick in die Landschaft. Er genießt vor allem die Natur, denn Bukarest gleicht seiner Meinung nach einer Betonwüste.