Uni Salzburg bittet zu Tisch: Neue Rezeptinterpretationen machen Lust auf Barock

Sauerteig-Brot gebacken, Dalgona Coffee geschlürft und bunte Bowls probiert – der nächste Food Trend schickt uns auf eine Zeitreise in die Vergangenheit. Eine neue Datenbank der Universität Salzburg hat mehr als 9.000 historische Rezepte ins Heute übersetzt. Guten Appetit! (Foto: Unsplash)

Sechzehn Kochbücher und insgesamt 9.101 Rezepte sind seit kurzem in einer Online-Datenbank frei zugänglich. Sie ist ein Langzeitprojekt des Zentrums für Gastrosophie (Fachbereich Geschichte) der Uni Salzburg und u.a. aus dem Forschungsprojekt „Salzburg zu Tisch“ hervorgegangen.

Die digitale Rezeptsammlung birgt so manche Schmankerl wie das Kunst und Wunderbüchlein aus 1631, Ein Gar Guettes Kochbuech (1714), für die Feinschmecker Le cuisinier françois (1651) oder gar ein Limonadenkochbuch aus dem 18. Jahrhundert. Wer glaubt, die Küche sei damals einseitig gewesen, der liegt falsch. Wider Erwarten finden sich auch exotische Zutaten, wie Ingwer, Kardamom, Granatapfelkerne oder Krebsschwänze, in den Zutatenlisten.

Gewusst wie

Zugegeben, die Schreib- und Ausdrucksweisen sind anfangs gewöhnungsbedürftig, aber dennoch amüsant. Die Zubereitung eines Spinatstrudels aus dem Kochbuch der Maria Euphrosina Khumperger (1735) liest sich wie folgt:

Ein Spinadt Strudl zumachen

Nimb ybersodnen spinadt, hackhe ihm khlein, auch / Pettersill khreitl darundter, Rests in Putter / vnd gewierz woll, vnd Salz, gieß ain löffl voll / Siesen Rämb darauf, laß khalt werden, vnd mahe / also den Strudl darauß, wie bewust ist.

„Historische Rezepte sind weniger detailliert was Zutaten, Mengenangaben oder Zubereitungsarten anbelangt. Auch so manche regionalen Bezeichnungen sind heute nicht mehr geläufig oder nur wenigen bekannt. An die modernen Interpretationen der Rezepte sind wir sehr experimentell und mit viel Fantasie herangegangen, schließlich sollen die alten Speisen auch heute noch schmecken“, weiß Marlene Ernst, die das Projekt als Citizen Science-Supervision begleitete.

Ziel der Studie „Salzburg zu Tisch“ war es, Ernährung als bedeutenden Bestandteil von Kultur, Gesellschaft und Wirtschaft darzustellen. Die Wiederentdeckung der historischen Küche kann Gastronomie, Tourismus und Kultur anregen und ist Bindeglied zwischen universitärer Forschung und breiter Öffentlichkeit.

Gruß aus der Küche: Wie wäre es mit einer Maimilch zum Dessert? Zum Erdbeerkompott passen übrigens Topfennockerl besonders gut. Oder den Herbst mit einer Pilzquiche einläuten?

Forschungsprojekt „Salzburg zu Tisch“ mit Bürgerbeteiligung

Viele Bürger*innen haben sich an der Untersuchung der Salzburger Ernährungsgeschichte beteiligt. Als Citizen Scientists haben sie einen wertvollen Beitrag geleistet. Was in der Fachsprache sehr trocken als Datengenerierung bezeichnet wird, war eine kulinarische Reise in die Vergangenheit. Die Bürgerwissenschaftler*innen lernten, sich mit historischen Kochbüchern auseinanderzusetzen, die Schrift und Schreibweisen zu lesen, veraltete Ausdrücke zu deuten und die Rezepte in eine Datenbank einzutragen. Speis und Trank gab es nicht nur in der Theorie, denn zusammen mit Spezialist*innen galt es die alten Zubereitungsanleitungen auch auszuprobieren. Gemeinsam mit einem Archäologen, einer Kräuterpädagogin und einem Koch wurden die alten Texte in heutige Rezepte übersetzt. In die Spezialworkshops wurden auch die Citizen Scientists aktiv eingebunden.

Dieses Beispiel zeigt: Zu viele Köche bringen hier nichts ins Verderben, sondern machen Forschung erst so richtig gschmackig!

Hobbykoch und -köchin mit Faible für Geschichte? Alle, die sich für Küchentraditionen vergangener Zeiten interessieren und die historische Rezeptforschung unterstützen möchten, können sich hier melden.